Einige «Falschsexuelle» und Schwule haben sich dieses Jahr begeistert im letzten Monat am Weltfrauentag der «Pussyhat-Aktion» angeschlossen: Strickmütze mit zwei Ecken. Eine gute Idee?
Peter Thommen
Homosexuelle Frauen haben sich immer wieder an Aktionen ihrer heterosexuellen Schwestern beteiligt, obwohl sie bei denen nicht immer so willkommen waren. Lesben haben damals in den 1970ern die Konferenz der Schwulengruppen verlassen und haben eine eigene Organisation gegründet. Auch kürzlich sind sie aus gemeinsamen Räumlichkeiten mit Pink Cross wieder ausgezogen. Aber sie haben die Schwulen nie zu Frauenaktionen «mitgenommen», denn letztlich sind wir ja doch «nur Männer».
Rosa war die Farbe der Kennzeichen für Schwule im Konzentrationslager der Nationalsozialisten. Junghomos wissen das wohl nicht mehr so genau. Aber wollten das die Frauen und ihre Organisationen je wissen? Am Anfang der Schwulenbewegung sahen wir sie als «Partner» und quasi gesellschaftliche Vorläuferinnen und «Verbündete im Kampf», aber das hat sich im Laufe der Jahre für mich persönlich wieder relativiert.
Logisch ist es vernünftig, «das Weibliche» in der Gesellschaft vor Diskriminierung und Abwertung zu verteidigen. Aber bekamen und bekommen wir von dort je etwas zurück? Nach meiner begrenzten Erfahrung entziehen sich Frauen gerne der Diskussion um Parallelen der Diskriminierung. Schliesslich lernen sie, dass Männer ihren Sex bei ihnen zu holen haben. (Wie bitte? Hahaha.) Irgendwann in den 1970ern lernte ich von andern Schwulen auch, dass Väter weniger bedrohlich seien, aber die Mütter viel schneller eifersüchtig auf ihre Söhne sind.
Nach der Frauenbewegung kam also die Schwulenbewegung. Und zur Schwulenbewegung stiessen dann auch die Bisexuellen und die Transmenschen sowie weitere Minderheiten, die sich heute nur noch an Buchstaben in einer Reihe ablesen lassen. Alle suchten und suchen sie die Solidarität von Schwulen. Und jetzt sollen wir Schwulen, mit dem ganzen Anhang, die wir ja alle von Frauen geboren worden sind und dann von den Hetero/as weggeschoben wurden, retour-solidarisch mit den Frauen sein?
Wollen das alle Frauen wirklich? Und unter welchen Bedingungen? Akzeptieren sie auch Transgender oder gar auch homosexuelle Männer?
Der bekämpfteste Bock in der aktuellen Gender-Diskussion ist der «weisse Cis-Mann». Aber es gibt auch noch farbige Cis-Männer, die dort jeweils die gleichen Probleme machen. Und in der ganzen Solidar-Aktion gehen die Cis-Frauen völlig unter...
Ich will unter keinen Umständen irgendeine Entsolidarisierung bewirken. Aber ich beziehe mich hiermit auf James Baldwin, in einem neuen Filmporträt über ihn, und sage euch: Ich bin nicht Euer Schwulo!*
P. S. «Wenn es etwas gibt, was Heteros stört, dann ist es vielleicht nicht so sehr der Akt, sondern dass sie darüber nachdenken sollen.» Egbert Hörmann: Hurra ein Junge! Gmènder 1997, S. 14