TV Die SRF-Sendung drehte sich im Kreise, war aber für aussagekräftige Statements beinahe unverzichtbar
Die jüngste Arena auf SRF schlug schon im Vorfeld hohe Wellen. Das Thema „Ehe für alle“ liess eine alte Diskussion neu aufleben. Vertreter von LOS und Pink Cross wurden nicht eingeladen. Dafür holte Schlagersänger Leonard für „uns“ die Kohlen aus dem Feuer.
Man stelle sich vor, die SRF-Arena thematisiert die Volkswahl für den Bundesrat, aber kein Politiker wäre anwesend? Dies ist in etwa geschehen, als die TV-Macher die jüngste Sendung zum Thema „Ehe für alle“ organisierten. Vertreter der „Gegner“ waren hochkarätig besetzt, während die Befürworter bei dieser vermeintlichen Macht nicht ganz mithalten konnten. Am Ende ging das Konzept auf – doch der Reihe nach.
Wie Pink Cross mitteilte, wurden trotz Intervention die Vertreter der beiden wichtigsten Institutionen, namentlich LOS und Pink Cross, nicht eingeladen. Jonas Projer, Moderator der Sendung, erklärte lapidar im Vorfeld via Twitter, dass „wenn es eine Sendung zu Pink Cross wäre, wäre Pink Cross dabei“. Eine Haltung, die zum Kopfschütteln anregte.
Das Mannschaft-Magazin sprach von einem „Sturm im Wasserglas“, während das Display-Magazin und der Cruiser Pink Cross den Rücken stärkten. Der Sendung hätten tatsächlich die Vertreter der grössten Schwulen- und Lesben-Organisationen gut getan, denn diese Arena drehte sich im Kreise. Gehen wir genauer darauf ein:
Der Moderator Jonas Projer: Trotz seiner etwas unbedachten Äusserung via Twitter blieb er ganz beim Thema. Er machte klar, wer der Herr der Sendung ist und scheute sich nicht, endlosen Dialogen den Riegel zu schieben. Kein Wort ist ihm entgangen, keine Haltung blieb ihm verborgen. Er ist zu recht in der Arena.
Auch wenn seine immer wiederkehrende Einteilung in Segmente eine lebhafte Diskussion zu unterdrücken vermag, war es in dieser Sendung zum Thema „Ehe für alle“ bitternötig. Denn das „Problem“ ist nicht die Ehe für alle, sondern die Adoption von Kindern. Dies blitzte in beinahe jedem Satz durch.
Im Ring standen Verena Herzog (SVP), Giuseppe Gracia (Bistum Chur), beide erklärte Gegner der „Ehe für Alle“, während auf der anderen Seite Jacqueline Fehr (SP) und Sänger Leonard (Carlo Schenker) für die Gleichberechtigung kämpften.
Verena Herzog vermittelte ihre Haltung mit viel Sympathie, doch SVP bleibt eben SVP. Sie ist besonders um das Wohl der Kinder besorgt, schätzt die Vielfalt, sofern gewisse Grenzen nicht überschritten werden. Ihrer Ansicht nach ist die Ehe-Light genug für Schwule und Lesben, Adoption klar nein.
Giuseppe Gracia, der Mediensprecher vom Bistum Chur, vertrat ebenfalls diese Haltung. In Erinnerung bleibt er als der Mann mit dem Maulkorb (O-Ton), denn er durfte nicht über den „Fall Bürglen“ (wir berichteten) sprechen, was er offen zugab. Ferner vertrat er die Meinung, dass der Kampf für Gleichberechtung eher eine Kampfansage gegen christliche Werte sei. Gracia trennt Liebe vom Staat; im Sinne von der Liebe wegen, wäre die Ehe für Alle berechtigt, aber für die Erhaltung des Staates müssen Regeln gelten. Es verwundert im Übrigen nicht, dass er Mediensprecher ist – selten hat ein Gast in einer Arena so eloquent gesprochen.
Kommen wir zu Jacqueline Fehr - sie vertritt die Linie der SP souverän. Und ebenso agierte sie in der Arena. Nichts kann die Politikerin aufhalten, es sei denn, sie wird von Verena Herzog mit Studien konfrontiert, welche die Psyche von Kindern homosexueller Eltern untersuchten (welche nicht positiv waren, aber später als nicht bestätigt deklariert wurden). Auch Fehr konnte Studien vorlegen, aber deren Anzahl an Probanden wusste sie leider nicht. Ein peinlicher Moment.
Last but not least – Leonard! Der Schlagersänger war präsent, charmant und entwickelte sich zur Christa Rigozzi der Schweizer Schwulen-Gemeinde (Anm. der Redaktion: Als Christa Rigozzi als Befürworterin der zweiten Gotthard-Röhre in die Arena eingeladen wurde, standen namhafte SP-Politiker Kopf, überzeugte aber später ihre Kritiker).
Schlagfertig und frisch räumte Leonard mit Irrungen und Wirrungen auf. Er konnte Giuseppe Gracia entgegen halten, dass es die Kirche sei, die öfters eine menschenverachtende Einstellung ihren Schäfchen mitgebe. Ausserdem stellte er klar, dass eine „Ehe für alle“ die Fortpflanzung, welche so wichtig für die Gegner ist, niemals aufhalten würde.
In der Tat ging es eher um die Kinder als um die Ehe. Kinder brauchen nach konservativen Ansichten eine Mutter und einen Vater – ein Affront gegen Waisen, Halbwaisen, Scheidungskinder und vielen anderen. Sie alle sind Teil der Gesellschaft, aber würden nach Ansicht der Gegner wohl im Ansehen und auch rechtlich durch die Maschen fallen – gewollt. Dieses Thema wurde nur gestreift. Die perfekte Familie – sie wird von den Gegnern hochgelebt.
Für den Eklat der Sendung sorgte der EDU-Politiker Marco Giuglio - denn in der zweiten Reihe der Arena, da boxte der Papst. Besagter Politiker sprach tatsächlich von „perversen Handlungen“ und ging in seiner konservativen Christlichkeit völlig auf. Ferner stellte er Homosexuelle als erschreckend kleine Minderheit dar, wie andere „fremde“ Religionen in der Schweiz. Es war Jonas Projer zu verdanken, dass er ihn am Schluss der homophoben Rede auf die „perversen Handlungen“ festlegte.
In der zweiten Reihe auch Maria von Känel, Geschäftsführerin des Regenbogenfamilien-Verbandes. Sie und ihre Partnerin überzeugten besonders durch ihr „Understatement“. Sie waren da, im Reinen mit sich selbst und hatten im Prinzip nicht viel zu sagen. Immerhin konnte sie Verena Herzog daran erinnern, dass deren erwähnte amerikanische Studie von der "Catholic University of America" nicht bestätigt ist.
Jonas Projer schloss die Sendung mit einer wie immer unangebrachten, aber spannenden Frage: Wen würden sie aus dieser Runde zum Trauzeugen erwählen? Herzog und Gracia wählten Leonard aus. Dieser konterte wunderbar und prägnant: „Ich würde auch sie beide wählen, doch leider würden sie mir ihren Segen nicht geben“.